Für die Zukunft der Familienbetriebe

Gabi Mörixmann, Thomas Uhlen und Christiane Rottmann am Aktivstall in Hilter © Sünderhuse Photographie

Ein Familienunternehmen ist wie ein Kind, das man aufwachsen sieht und das man begleitet und unterstützt.

Michael Otto

WEITERSPRINGEN FÜR NIEDERSACHSEN: UNSER REGIERUNGSPROGRAMM 2022 – 2027

Der Landesparteitag der CDU in Niedersachsen hat am 9. Juli unser Regierungsprogramm 2022-2027 unter dem Titel „Niedersachsen springt weiter“ beschlossen. Sie können Das Programm ab sofort hier herunterladen:

AUSZUG: ARBEITSWELT IM WANDEL

Wir leben in Niedersachsen von unserem starken Mittelstand, wettbewerbsfähigen Handwerkern und Freiberuflern, einer starken Sozial- und Gesundheitswirtschaft sowie wichtigen Industrieunternehmen und einem weitverzweigten Netz von Handel und Dienstleistungen. Sie alle sorgen für Wachstum und Wohlstand. Niedersachsens Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Unternehmerinnen und Unternehmer bilden den Kern der niedersächsischen Wirtschaft. Ihre praktisch gelebte Sozialpartnerschaft, ihr täglicher Einsatz und Fleiß sind die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg, die soziale Sicherheit und den sozialen Frieden unseres Landes. Denn: Nur was erwirtschaftet wird, kann auch verteilt werden.

Der demografische Wandel hat bereits in den vergangenen Jahren die Nachfrage nach geschultem Fachpersonal in allen Wirtschaftsbereichen deutlich erhöht. Demgegenüber steht in vielen Branchen eine anstehende Welle von Verrentungen und Pensionierungen, da die Jahrgänge der sogenannten Babyboomer aus dem Erwerbsleben ausscheiden und eine Lücke auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen werden. Um diesem Trend entschieden entgegenzuwirken, werden wir die Wirtschaft bei ihrer Fachkräftegewinnung deutlich unterstützen, um Arbeitsplätze, Wachstum und Wohlstand in Niedersachsen auch in Zukunft zu sichern.

Eine koordinierte Fachkräftesicherung ist von zentraler Bedeutung. Diese Koordinierung soll künftig verstärkt im Rahmen der Fachkräfteinitiative Niedersachsen erfolgen, die weitere wichtige Akteure in diesem Feld einbeziehen wird – vor allem in der Gesundheitsversorgung und -forschung sowie in den Digitalberufen. Um den Bedarf an Fachkräften insbesondere bei Zukunftsaufgaben und Schlüsseltechnologien zu sichern, wollen wir mit gezielten Förderprogrammen die nötigen Rahmenbedingungen schaffen. Mit den Transformationslotsen, den betrieblichen und überbetrieblichen sowie branchenweiten und branchenübergreifenden „Veränderungsmachern“ und den Bildungslotsen werden wir den begonnenen Weg fortsetzen. Wir werden:

  • im Rahmen der Fachkräfteinitiative Niedersachsen zusammen mit Unternehmen, Gewerkschaften sowie betrieblichen Interessenvertretungen der Beschäftigten, Kammern, Arbeitsagenturen, Bildungseinrichtungen und Wissenschaft ein systematisches Fachkräftemonitoring einrichten, um den Bedarf an Qualifikationen im Strukturwandel und in den Wertschöpfungsketten der Zukunft frühzeitig zu erkennen und entsprechende Bildungsangebote zu schaffen.
  • die Bedarfsplanung noch effizienter und transparenter gestalten. Angesichts längerer Studienzeiten bedarf es in Studienfächern von der Humanmedizin bis zum Lehramt einer stärkeren berufsbezogenen Nachwuchssicherung. Hierzu wollen wir sowohl die ressortübergreifende Zusammenarbeit in der Bedarfsplanung der Gesundheitsberufe und der Lehrkräfte ausbauen als auch den Austausch von Mittelstand und Handwerk mit den ausbildenden Hochschulen, z. B. im Rahmen der Fachkräfteinitiative Niedersachsen, intensivieren.
  • die aufgabengerechte Koordinierung der Informations- und Beratungsangebote von Schulen, Hochschulen und der Agentur für Arbeit vorantreiben. Die Anrechenbarkeit von im Beruf erworbenen Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium soll ausgeweitet werden. Hiermit wollen wir auch Studienabbrecherinnen und -abbrechern ein passgenaues Angebot zum Übergang in die berufliche Bildung eröffnen, bei der im Studium erworbene Qualifikationen anerkannt werden können.
  • den Stellenwert der berufsorientierten dualen Ausbildung in Berufsakademien steigern. Im Dialog mit den Berufsakademien werden wir das Erfolgsmodell weiterentwickeln und ergänzen, damit die Studentinnen und Studenten qualifizierte Hochschulabschlüsse erlangen können.
  • die Durchlässigkeit von der beruflichen Bildung zur Hochschulbildung verbessern. Hierzu wollen wir zum einen den Zugang von Meisterinnen und Meistern in die akademische Bildung formal und inhaltlich erleichtern, zum anderen Studienwechslern und Studienabbrechern neue Perspektiven auch in der beruflichen Ausbildung, z. B. durch eine leichtere Anerkennung erworbener Qualifikationen, eröffnen.
  • alle Schulgelder in der beruflichen Ausbildung abschaffen und Ausbildungsvergütung einführen, um so verstärkt Fachkräfte zu gewinnen.
  • uns dafür einsetzen, dass das Berufsbild Hauswirtschaft gestärkt wird, das Image der Hauswirtschaft gesteigert wird und die Diskrepanz zwischen gesellschaftlichen Bedarfen und Fachkräften spürbar kleiner wird.

Vor dem Hintergrund einer sich stetig wandelnden Arbeitswelt bedarf es einer Qualifizierungsoffensive. Wir verstehen uns als Partner aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und werden sie beim Wandel der Arbeitswelt tatkräftig unterstützen. Nur so haben wir als Land die Möglichkeit, gemeinsam auf die Veränderungen zu reagieren und die wirtschaftliche Stärke unseres Landes zu halten. Daher werden wir:

  • Anreizsysteme in Form von Teilzeitarbeitslösungen zwischen dem Erwerbsleben und dem Renteneinstieg schaffen, um älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Möglichkeit zu geben, länger in der Erwerbstätigkeit zu bleiben. Hierzu gehört auch, unabhängig vom Alter der Beschäftigten, Lösungen für die Rückkehr aus der Teilzeitarbeit in die Vollzeitarbeit zu unterstützen.
  • den Wiedereinstieg in den Beruf nach Abschluss der Familienphase durch gezielte Beratungs-, Weiterbildungs- und Unterstützungsangebote fördern. Gerade die Geschwindigkeit der Digitalisierung stellt die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei ihrem Wiedereinstieg vor große Probleme und ist ein zunehmendes Rückkehrhindernis.

Bewahrung braucht Veränderung: Zur Wahrnehmung von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen benötigen die Menschen in Niedersachsen freie zeitliche und finanzielle Ressourcen. Hierfür werden wir die Aktivitäten, die im Rahmen des Pilotprojekts zur Qualifizierung in der digitalen Transformation entwickelt wurden, verstetigen und ausbauen. Fort- und Weiterbildung kommt zentrale Bedeutung zu, um Arbeitsplätze in Niedersachsen zu halten und weitere zu schaffen. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer soll es wesentlich leichter werden, insbesondere an berufsbegleitender Weiterbildung teilzunehmen. Wir werden Neu-, Um- und Weiterqualifizierung für alle niedrigschwelliger ermöglichen. Deshalb werden wir:

  • die niedersächsischen Bildungsgesetze auf ein neues Niveau der lebensbegleitenden Weiterbildung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer heben. Dazu werden wir u. a. das Bildungsurlaubsgesetz und das Erwachsenenbildungsgesetz zusammenführen und zu einem neuen Gesetz für „Gute Bildung im Beruf“ ausbauen.
  • die verschiedenen Instrumente der Förderung und Unterstützung bei der Transformation der Wirtschaft noch besser aufeinander abstimmen und zu einem transparenten, leicht zugänglichen und auf die großen Bereiche der Transformation ausgerichteten Förderangebot zusammenführen.
  • eine eigene Landesförderung etablieren, die die Möglichkeit für eine zweite berufliche Chance über alle Altersstufen des Berufslebens hinweg schafft.
  • nach dem Auslaufen der bisherigen Lösung auf Bundesebene eine gezielte Bildungsprämie für niedersächsische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit geringem Einkommen schaffen.
  • uns für steuerliche Vorteile als Anreiz zum lebensbegleitenden Lernen einsetzen.
  • die Angebote zum Erwerb eines berufsqualifizierenden Schulabschlusses ausbauen, um möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, diesen im Erwachsenenalter nachzuholen.

Die kommenden Jahre werden den Arbeitsmarkt vor große Herausforderungen stellen. Die geburtenstarken Jahrgänge werden in Rente gehen und eine Lücke auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen. Die Fachkräftegewinnung stellt viele Unternehmen bereits heute vor große Herausforderungen und wir werden diese nicht ohne eine gezielte Anwerbung von Fachkräften im Ausland bewältigen. Daher werden wir:

  • eine gesteuerte qualifizierte Zuwanderung von Fachkräften schaffen, um dem Fachkräftemangel in Niedersachsen entgegenzuwirken. Die Chancen des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes des Bundes wollen wir dabei konsequent nutzen.
  • Die Anerkennung im Ausland erworbener Studien- und Berufsabschlüsse erleichtern. Hierzu wollen wir das niedersächsische Studienkolleg personell stärken, die Anerkennungspraxis erleichtern und die Nachholung fehlender Studien- und Ausbildungsinhalte niedrigschwellig ermöglichen.
  • strategische Kooperationen mit Ländern und Regionen initiieren, um ausländische Fachkräfte für uns zu gewinnen.
  • den Zukunftspakt „Flüchtlinge und Schutzsuchende in Arbeit bringen“ – gerade auch vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs – auf eine neue Ebene stellen und für diese Menschen bei Bedarf spezielle Arbeitsmarktprogramme und Förderschwerpunkte zur Arbeitsmarktintegration zur Verfügung stellen.

Die Art und Weise, wie wir arbeiten, verändert sich. Die Arbeitswelt befindet sich in einem stetigen Wandel. Arbeitsprozesse werden automatisiert oder digitalisiert. Immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Niedersachsen arbeiten von zu Hause aus. Die Digitalisierung ist aus dem Alltag der Menschen nicht mehr wegzudenken und ist eine fest etablierte Größe in allen Wirtschaftszweigen. Ob bei flexiblen Arbeitszeitmodellen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, bei Fragen einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Lösungen für das ortsunabhängige Arbeiten: Die neuen digitalen Entwicklungen bergen neue Herausforderungen und Möglichkeiten für alle Felder der Wirtschaft. Sozialversicherte Beschäftigung und Fairness auf dem Arbeitsmarkt bleiben unser vorrangiges Ziel und müssen im gegenwärtigen Wandel der modernen Arbeitswelt zwar angepasst, aber im Kern gesichert werden. Daher werden wir:

  • uns dafür einsetzen, dass neue Arbeitszeitmodelle und Vertragsarten möglich sind, jedoch so adjustiert und erarbeitet werden, dass Fairness und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Fokus bleiben.
  • die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten mit Werkverträgen und in der Zeitarbeit verbessern und Beratungsangebote für sie ausweiten.
  • Unternehmen und Beschäftigte bei der Etablierung von flexiblen und verlässlichen Arbeitszeitregelungen und bei der Nutzung der Möglichkeiten des Homeoffice unterstützen. Gerade aus familiären Gründen benötigen viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer individuelle Arbeitszeiten.
  • neue Arbeitsformen wie mobiles Arbeiten und Coworking-Spaces unterstützen und damit vor allem den ländlichen Raum stärken.
  • die Beratungsangebote für Werksvertragsarbeiter ausweiten.

Als CDU in Niedersachsen bekennen wir uns ausdrücklich zum Wert von Leistung und Leistungsbereitschaft. Zugleich sind Sozialpartnerschaft, Tarifautonomie und Mitbestimmung für uns wesentliche Erfolgsfaktoren für Wachstum und Wohlstand. Das Zusammenspiel mit Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ebenso wie mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist von besonderer Relevanz, um ein gutes Miteinander in Fragen der Mitbestimmung und des Tariflohns bei den niedersächsischen Arbeitsplätzen zu erreichen. Deshalb werden wir:

  • die betriebliche Mitbestimmung fortentwickeln und sie an den Wandel der Arbeitswelt anpassen, Umgehungstatbestände reduzieren und sie insgesamt stärken. Wir werden die Rahmenbedingungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer konkret verbessern: Sie sollen sich künftig stärker an den Unternehmen, in denen sie arbeiten, beteiligen und am unternehmerischen Erfolg partizipieren können.
  • Coachings und Beratungsangebote für kleine und mittelständische Unternehmen auf den Weg bringen, um Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung und ihrer Partizipation am Unternehmenserfolg aufzuzeigen.
  • die Tarifbindung in den Unternehmen in unserem Land vorantreiben, indem wir beispielsweise das Tariftreue- und Vergabegesetz stärken, es aber zugleich wesentlich entbürokratisieren und Tarifverträge für allgemein verbindlich erklären.
  • Betriebs- und Personalratswahlen unterstützen, Fortbildungsangebote für freie Betriebsräte schaffen und die gute Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften in Niedersachsen fortsetzen.

Es ist wichtig, dass sich jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer zu jedem Zeitpunkt am Arbeitsplatz sicher fühlen kann. Die Ereignisse der Vergangenheit in der Fleischindustrie zeigen exemplarisch, dass der Schutz am Arbeitsplatz und sichere Arbeitsbedingungen in manchen Bereichen unserer Wirtschaft bedauerlicherweise keine Selbstverständlichkeit darstellen. Diesen Missverhältnissen wollen wir entschieden entgegenwirken. Wir werden ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld für die Menschen in Niedersachsen schaffen und gewährleisten. Im täglichen Berufsleben der Menschen in Niedersachsen gibt es unterschiedliche Gefahren für ihre Gesundheit. Maßnahmen und Regelungen des Arbeitsschutzes sollen die Risiken am Arbeitsplatz verhindern und die Gesundheit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bewahren und fördern. Deshalb werden wir:

  • für strengere und zeitnahe Kontrollen beim Arbeitsschutz sorgen, mit einem Schwerpunkt auf Arbeitsstätten mit besonders ausgeprägten Gefährdungen. Maßnahmen und Verordnungen des Arbeitsschutzes werden wir anpassen – insbesondere mit Blick auf die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie.
  • das Thema Schwarzarbeit in den Finanz- und Arbeitsschutzbehörden des Landes stärken, um in Zusammenarbeit mit der Zollverwaltung diesen Missbrauch noch besser als bisher zu bekämpfen.
  • die gesetzlichen Rahmenbedingungen an die sich ändernde Arbeitswelt anpassen, um den Arbeitsschutz auch bei neuen Arbeitsmodellen wie dem Homeoffice sicherzustellen. Wir schaffen damit Rechtssicherheit für beide Seiten.
  • ein Wochenarbeitszeitkonto auf Basis der bestehenden EU-Richtlinie einführen.

Nicht nur bei der Qualifizierung müssen wir neue Wege gehen. Gleiches gilt auch bei der Vermittlung von Arbeit. Niedersachsen verfügt über eine Vielzahl von qualifizierten Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht den Weg in den Arbeitsmarkt finden. Hier bedarf es zusätzlicher Unterstützung, um diese Potenziale für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in Niedersachsen zu gewinnen. Sie sind die Arbeitskräfte, die zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Niedersachsen beitragen können. Daher werden wir:

  • ein Landesprogramm für Menschen mit Vermittlungsproblemen auflegen, das sich an Langzeitarbeitslose, junge Menschen ohne Ausbildung, Alleinerziehende, ältere Menschen und Menschen mit Zuwanderungsgeschichte richtet.
  • bereits vorhandene Qualifizierungsprojekte auf ihre Nachhaltigkeit hin evaluieren und bei Neuprojektierungen die durch die Digitalisierung entstehenden Bedarfe stärker berücksichtigen.
  • ein Pilotprojekt etablieren, das Arbeitssuchende mit Familie bei einem notwendigen Umzug unterstützt und so die Flexibilität fördert.
  • inklusive Programme auflegen.